Statements, Projekte und Aktionen

Herbert Grönemeyer: Deutliche Worte beim Klimastreik in Hamburg, 15. September 2023

5:30 min – Herbert Grönemeyer – Rede beim Klimastreik am 15. September 2023 in Hamburg

„Die Erde steht vor dem Infarkt – Ihr Immunsystem ist dramatisch am Anschlag. Endlich steht Ihr als Generation massiv auf um eurenzersetzenden Ängsten stellvertretend für so viele von uns Ausdruck zu verleihen. Und an jeder Ecke wird versucht, Euch mundtot zu machen, Ihr werdet diffarmiert, Ihr werdet lächerlich gemacht, Ihr werdet kleingeredet – all das adelt Euch und beweist, Ihr seid genau und mehr: richtig.

Richtig auch, ältere[] Generationen […] aus dem Tiefschlaf zu zwingen und deren Überheblichkeit und deren Vormachts und Allwissenheitsanspruch zu beenden und klar zu stellen: Ihr habt die zeitgemäße Sicht auf die Dinge und Ihr übernehmt wieder Verantwortung auch für alle, die, die nach Euch kommen. Das haben die Euch vorausgegangenen in vielen Bereichen egoistisch […] und radikal-liberal irgendwann im Rausch vergessen, mit dem Kümmern aufgehört und nicht mehr für nötig gehalten auf Ressourcen zu achten, sie pfleglich zu behandeln und sie zu schützen. Das Ergebnis sehen wir jetzt – und es ist hochdramatisch und gemein.

Doch man braucht einen endlosen Atem, dauernd frische Ideen und Unterstützung aus allen Ecken, um ausdauernd zu nerven, zu provozieren, aufzuscheuchen, zu überraschen und anzuprangern, wieder und wieder und wieder und nochmal. Nur so treibt man die Politik, Lobbys und Interessensverbände an und vor sich her und und ballert den Rest der Gesellschaft aus der wohligen lebensgefährlichen Lethargie und Vereinzelung. Es geht nicht um Zukunft, es geht nicht um die Zukunft, es geht um die Gegenwart.“


Igor Levit, Pianist, Professor für Klavier, Mitglied der Grünen, Jahrgang 1987.

Von Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen - https://www.flickr.com/photos/gruene-bundestag/33985744618/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=88744897
CC BY 2.0 – von Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • „Schweigen, sich mit einem Kunstberuf entschuldigen ist eine Verantwortungslosigkeit, die ich mir nicht leisten kann.“ (Levit in Skrobola 2018, 127)
  • „Ich verlange, dass sich die Menschen bewusst sind, was passieren kann, wenn man zu bestimmten Entwicklungen schweigt. Zu sagen, der Alltag interessiert mich nicht, gerade als Künstler, ist ein Luxus allerschlimmster Sorte. Bei so was fallen mir gleich die Resthaare aus“ (Levit in Fischer 2018).
Igor Levit im „Danni“, Unterstützung der Umweltaktivist*innen gegen die Rodung des Dannenröder Forstes wg. Bau der A49, 4.12.2020

Der Pianist Igor Levit ist einer der umtriebigsten Musiker*innen überhaupt in Sachen Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit.

So spielte er für die Fridays-for-Future-Bewegung auf der Straße. Das 2019er Klimapaket der Großen Koalition bezeichnet er als ‚Sterbehilfe für das Weltklima‘. Angela Merkels Aussagen auf dem New Yorker Klimagipfel von 2019 nennt Levit schlicht ‚Heuchelei‘“ (vgl. Levit in Wuttke 2019)

>> s.a. https://youtu.be/p4br8xuLypQ (Für das Bürger*innenbegehren „Hannover erneuerbar“ – Grußwort von Luisa Neubauer und Igor Levit, 11.6.2021)


90 Prominente aus dem deutschen Kunst- und Kulturbetrieb unterstützen Extinction Rebellion, Oktober 2019

  • „Wir, die Unterzeichnenden, fordern Sie auf, sofort drastische Maßnahmen gegen die sich verschärfende ökologische Krise zu ergreifen. Die Wissenschaftler*innen sind sich einig, die Fakten sind unbestreitbar: … Sie als unsere Regierung machen sich schuldig, indem Sie das Vorsorgeprinzip im Rahmen Ihrer Politik ignorieren: Anstatt anzuerkennen, dass grenzenloses Wirtschaftswachstum auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen nicht möglich ist, subventionieren Sie weiterhin klimaschädliche Wirtschaftszweige statt nachhaltiger Alternativen…“

Musiker*innen aus der Liste der Unterzeichner*innen:

Selig, Bela B, Bonaparte, Dota Kehr, Bodo Wartke, Larissa Herden / Lary, Jacques Palminger, Moritz Krämer von der Musikgruppe Die Höchste Eisenbahn, Ben Hartmann der Musikgruppe Milliarden, Der Fall Böse, Goetz Steeger, Heinz Ratz, Lisa WHO, Sebastian von der Musikgruppe Madsen, Torsun Burkhardt von der Gruppe Egotronic, Ralf Hildenbeutel, Friederike Bernhardt, Jonas Landerschier,Liam Mockridge sowie u.a. Florian Opitz (Regisseur), Marc-Uwe Kling (Autor), Fatih Akin (Filmregisseur)…

>> Der offene Brief im Wortlaut: https://www.sueddeutsche.de/politik/prominente-unterstuetzen-extinction-rebellion-der-brief-im-wortlaut-1.4625883 (Abrufdatum 16.6.2021)


Artists For Future for Fridays for Future, April 2019

Ein halbes Jahr zuvor hatten sich schon eine Vielzahl von Künstler*innen aus Deutschland hinter Fridays For Future gestellt und eine entsprechende Stellungnahme abgegeben:

  • „Die Proteste der Fridays-for-Future-Bewegung verfolgen wir mit Respekt und Dankbarkeit. Sie haben Kraft. Die Forderungen der Schüler*innen sind einfach, ohne die Komplexität des Problems zu verleugnen. Wir wollen sie in ihrer Haltung bestärken und unsere Unterstützung einbringen. Auch wir sind aufgefordert, den von den Schüler*innen aufgebauten Druck zu erhöhen und gemeinsam die Entscheidungsträger*innen zum Handeln zu bewegen. Unsere Möglichkeiten das zu tun, liegen im künstlerischen Ausdruck und in der Herstellung von Öffentlichkeit.

    Das Kernanliegen der Proteste – die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten – sollte für unsere Regierungen eine Selbstverständlichkeit sein. Gerade im Sinne der politischen Glaubwürdigkeit. Sie selbst haben das Abkommen verhandelt, es unterzeichnet und ratifiziert. Ganz zu schweigen davon, dass sie dem Wohl aller, auch künftiger Generationen, verpflichtet sind. Umso irritierender empfinden wir Teile der öffentlichen Debatte über die Proteste: Wir erleben ablenkende Diskussionen zum Thema Schulpflicht, die hetzerische Diffamierung von Beteiligten in den sozialen Netzwerken und leicht durchschaubare Versuche einiger Politiker*innen, die Proteste ohne erkennbaren Handlungswillen in Lob zu ersticken.

    Im Gegensatz dazu haben sich tausende Wissenschaftler*innen an die Seite der jungen Menschen gestellt: ‚Sie haben recht!‘ Die Wissenschaft darf hiermit nicht allein bleiben. Kunst reflektiert und schafft gesellschaftliche Realitäten. Oder stellt sie in Frage. Deshalb tragen wir eine Mitverantwortung für das, was gesellschaftlich als normal wahrgenommen wird. Das betrifft insbesondere die Frage, wie wir miteinander und mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen umgehen – sowohl in unserem direkten Umfeld als auch global.

    Dieser Auftrag, der sich aus der Verantwortung ergibt, besteht für uns als Künstler*innen nicht erst seit Beginn der Proteste. Aber mit der Entschlossenheit der Fridays-for-Future-Bewegung haben auch wir einen neuen Kraftschub bekommen. Wir sind ermutigt, den Auftrag ebenso entschlossen anzunehmen.“

(CC0-Lizenz)


Billie Eilish, Woody Harrelson: Our House Is On Fire

Billie Eilish: Our House Is On Fire, 2019, 41 Mio Follower*innern auf YouTube, 87 Mio = instagram

Billie Eilish: und der Schauspieler Woody Harrelson senden im Kooperation mit Greenpeace über instagram einen Aufruf zum globalen Klimaschutz, 2019.

  • „Auf ihren Konzerten soll es keine Plastikstrohhalme und Einweg-Becher mehr geben. Dafür ein ‚Billie-Eilish-Ökodorf‘, wo sich Fans über den Klimawandel informieren können“ (Reil 2019).

Derweil brachte Eilish 2020 mit H&M eine gemeinsame, laut dem Stern (2020) nachhaltige Kollektion heraus. Nun gehört H&M gemäß allgemein zugänglichen Informationen nicht wirklich zu den Ökovorreitern der Textilbranche. Der Eco-Stylist versieht die Aktion mit einem „Greenwashing Alert“:

  • „The collaboration’s 16-piece collection consists of 2 ‚conscious‘ pieces: a pair of joggers and a t-shirt. Regarding these 2 pieces, H&M notes that the cotton content is in fact organic, period. That is the only information you’ll find on the product pages about how they are sustainable, and this is disappointing“ (Himebaugh 2020).

Alles nicht so einfach.

>> s.a. Abschnitt Klimakrisen-Songs, Song „All The Good Girls Go To Hell“


Udo Lindenberg – nimmt 2019 einen „Eisbären“ mit auf Tour.

Konkret handelt es sich um „Paula“, einem Eisbär-Act von Greenpeace, d.h. um ein Eisbärkostüm, in dem zwei Menschen stecken.

  • „Den Eisbären schmilzt ja grad das Eis am Nordpol unterm Hintern weg… Gerade hatten wir 30 Grad in Sibierien… das ist doch der Wahnsinn. Die Erdüberhitzung ist in vollem Gange. Merkel & Co… tun ja so, als brauchten die kommenden Generationen die Erde nicht mehr!“ (in: Greenpeace Nachrichten 4/2019, S. 27, s.a. https://gpn.greenpeace.de/ausgabe/0419/rocken-fuers-klima/ (Abrufdatum 16.6.2021))

Vorweg: Ich finde das Lebenswerk Udo Lindenbergs außerordentlich imponierend, insbesondere seinen jahrelangen Schlagabtausch mit den Funktionär*innen der DDR inkl. „Honi“ – und er hat als Pionier die Türen für eine deutschsprachige Rock/Pop-Musik weit aufgestoßen. Und schön, dass er einen „Eisbären“ mit auf Tour nimmt. Das schadet ja nicht.

Lindenberg und der Rockliner

Schwierig finde ich indes die jahrelang regelmäßig erfolgten „Fan-Kreuzfahrten“, die Lindenberg unter hohem CO2-Impact mit seinen Fans unternommen hat. Autsch, Wespennest. Aber: Kreuzfahrten gehören definitiv nicht zur wohlständigen Grundversorgung der Menschheit, vgl. das Kapitel „Der ökologische Doppelschlag: Kreuzfahrten“ im Handbuch Klimakrise.

Immerhin hat das Lindenberg mittlerweile – wenn auch m.E. reichlich spät für einen sich progressiv gebenen Menschen – selber erkannt:

  • „Im Moment mach ich damit nicht weiter“, sagt Lindenberg bestimmt. „Im Moment müssen die erst mal die Schiffe umrüsten auf Flüssiggas. Denn das Schweröl verdreckt die Meere ungeheuerlich. Da kann man nicht mitmachen. ,Fridays for Future‘ und so, da müssen wir mal ein bisschen konsequent sein“ (Schwemmers 2020).

Nun, selbstredend ist Udo Lindenberg keineswegs die*der einzige Musiker*in, die*der Fan-Cruises anbietet. Vielmehr handelt es sich um einen massiven Trend der 2010er Jahre, s.a. https://stars-at-sea.com/.


Peter Maffay schreibt ein Buch: Hier und Jetzt: Mein Bild von einer besseren Zukunft, 2020.

Eine Rezension.

Peter Maffay beeindruckt seit Jahrzehnten mit einem umfassenden, weit über die Usancen der Branche hinausgehendem gesellschaftlichen Engagement. Als Stichwort sei hier nur kurz die Tabaluga-Stiftung genannt. Mit einem vor der Corona-Krise liegenden Redaktionsschluss hat Maffay Anfang 2020 ein Buch vorgelegt, welches einmalig sein dürfte in der deutschsprachigen Rockmusikszene: Ein Buch über den ganzheitlich-ökologischen Umbau unserer Gesellschaft.

(Gleichzeitig trägt das Buch Züge einer Biografie. Insbesondere beschreibt Maffay sein Leben auf dem in den letzten Jahren von ihm maßgeblich aufgebauten Gut Dietlhofen in Bayern. Bedauerlicherweise kommt das Buch streckenweise wie eine Werbeschrift über dieses Dietlhofen-Engagement daher. Schwamm drüber von meiner Seite – geschenkt, das Anliegen ist zu wichtig:)

Wow, was für eine Chance, wenn ein so bekannter Mensch, der das Vertrauen von Millionen Fans verschiedener Generationen genießt, zum Stift greift zu einem so brennenden Thema. Und genau hier sieht sich Maffay tatsächlich in der Pflicht:

  • „Immer, wenn im gesellschaftlichen und politischen Leben Differenzen oder Defizite gravierender Art auftreten, ist es wichtig, dass es Persönlichkeiten gibt, die die Funktion von Vorbildern oder ‚Leuchttürmen‘ übernehmen. Es wird nur etwas passieren, wenn Aufklärungsarbeit geleistet wird und wenn genügend Menschen da sind, die den Mut haben, die Dinge beim Namen zu nennen. Künstler, egal ob Maler, Bildhauer, Schriftsteller Schauspieler, auch Journalisten und alle, die die Möglichkeit haben, Informationen und Standpunkte zu multiplizieren, sind aufgefordert sich zu positionieren. Musiker bilden da keine Ausnahme. Zwischen zwei Liedern kann man etwas erzählen, und auch in den Liedern kann man natürlich seine Haltung ‚rüberbringen‘. Jeder kleine Baustein ergänzt das Mosaik, bis am Ende aus allen Bausteinen ein Bild entsteht“ (2020, 9).

Recht hat er. Und wo branchenweit Igor Levit (s.o.) zuweilen als störend wahrgenommene Ausnahme gilt und sich gerade in Schlagerbereich viele Künstler*innen immernoch als „Unterhalter*innen“ sehen, die ihre Künstler*innenpersönlichkeit auf die Aufgabe reduzieren, ihren Fans ein paar schöne Stunden inmitten des tristen Alltags bescheren zu wollen und infolgedessen für sich in Anspruch nehmen, völlig verprellungsfrei unpolitisch zu sein und keinerlei progressive Position einzunehmen, da möchte Maffay Verantwortung übernehmen.

Und diese wiegt durchaus schwer:

  • „Du lebst, singst und sprichst mir aus der Seele. ☺️🍀✨ Ich fühle mich schon von klein an, fast 50 Jahre irgendwie total verbunden! Unglaublich! ✨🦅🙏 Alle Worte und Taten, die aus tiefsten Herzen und Überzeugung, Erfahrung fließen, ist auch so sehr meins..☺️ 🍀 Einfach nur wow!… Deine Botschaften sind so wichtig für die Welt. Du/Dich hat/hast deine Aufgabe und Berufung aus deiner Intuition immer zu 100% erfüllt. 🌱☀️“ (Eintrag bei YouTube unter dem Video Peter Maffay – Hier und Jetzt | Mein Bild von einer besseren Zukunft (31.1.2020))

Indes betont Peter Maffay im Buch, dass er kein Fachmann sei und nur seine persönlichen Ansichten wiedergebe. Das wirkt einerseits bescheiden – und wer will schon seine Meinung anderen überstülpen… Aber: Dieser Rückzug wird im Buch so häufig hervorgehoben, dass er auffällig wirkt: Was hat man davon, wenn bei einem so dramatisch-dringlichen Thema Herr Maffay sagt, was er subjektiv denkt, ohne mit angemessener Expertise unterlegt sagen zu wollen, dass unser Haus objektiv brennt?

Das Buch vollzieht den Spagat zwischen der Befriedigung der allgemeinen Sehnsucht nach einem friedvollen, sinnerfüllten (Land-)Leben und einem „aber sooo viel muss sich dafür gar nicht ändern“-Ansatz, der zunächst intuitiv wohltuend und motivierend wirkt auf mich als Leser.

Peter Maffay: „Hier und jetzt“, 2020 – Angriffslust sieht anders aus. Auch in diesem Interview wird der Autor eines aktuellen Öko-Buches Maffay nicht wirklich deutlich: https://youtu.be/chbnssgAfR0, 2021 (Abrufdatum 16.6.2021)

Doch bei näherer Hinsicht bin ich letztlich doch recht enttäuscht von Maffays Buch, weil es einerseits progressiver ist als die gemutmaßte Zielgruppe des Buches und andererseits doch weit, weit weg ist – naiv/träumerisch ist – in Relation zu den harten Realitäten, die der Weltklimarat und der Weltbiodiversitätsrat für die Menschheit bereithalten und den damit erforderlichen Transformationen, die m.E. um Potenzen höher liegen als die von Maffay wohlfühlig angedachten Reformen. Und dann kann sich die Wirkung eines Testimonials wie Peter Maffay ins Gegenteil verkehren: „Der Maffay hat geschrieben, Bio kaufen reicht“ – und jetzt kommen mir die depperten Ökos mit „Das reicht nicht.

  • Ich hätte mir gewünscht, lieber Herr Maffay, dass Sie in einem solchen Buch nicht nur Ihre persönlichen Lebenserfahrungen und Ansichten referieren, sondern wirklich State of the Art vorangehen und den Mut aufbringen, Ihrer Leser*innenschaft zu zeigen, dass der Lebensstil der Menschen der frühindustrialisierten Staaten definitiv nicht, nicht mal annähernd haltbar ist und wir Westler*innen in der Konsequenz unser gesamtes Leben vollständig umzukrempeln haben.

Sie hinken ja selbst hinterher. Und schreiben ein Buch darüber? Ist das verantwortliches Handeln?

Schade, Chance vertan.

Es ist immer wieder das gleiche: Jemand macht etwas, viel mehr als andere – aber es ist doch viel zu wenig. (Das gilt für Musiker*innen und sogar auch für die Bundesregierung). Und damit steckt man, z.B. ich hier als Rezensent, in der Bredouille, es einerseits als „mehr als bisher“ zu begrüßen und es andererseits als „zu wenig im Relation zum Erforderlichen“ zu kritisieren. Ich komme da nicht recht zu einem Schluss… obwohl, doch: Fakt ist, die Kipppunkte kippen, wenn wir weniger als das Erforderliche tun.


Webportal Musik-und-Klima.de

„But nothing ever happens – and we wonder… why… And all that we can see is not even a carbon fee“: Fool’s Garden‘ „Lemon Tree“ in einer gekonnten Neutextierung. Noch eine Kostprobe: „Ein neuer Motor für den alten Spaß, we don’t need an army of electric car.“ Text siehe hier.

Die Website Musik-und-Klima.de verfolgt, anders als es die ähnliche Webadresse nahelegen könnte, einen ganz anderen Ansatz als der Autor dieser Zeilen. Kernbotschaft von Musik-und-Klima.de ist, dass „die globale Klima- und Umweltkrise… eine Lobby [braucht]… Musik kann helfen, diesem [Klima-]Engagement und Widerstand eine Stimme zu geben.“ Mitgründer des Webportals ist Bernhard König, der mit seinem Verein Trimum mittels interreligiösen Chören und Klimakrisen-bezogenen Musikprojekten für eine vielfältige und vielstimmige Gesellschaft arbeitet. Hier geht es auch darum, systematisch Songs zu texten/zu komponieren, die besagte Themenfelder aufgreifen, um diese allgemein oder auch musikpädagogisch nachdrücklich in die Gesellschaft zu tragen.

Eine Klimakrisen-bezogene Neutextierung von „Mad World“ von Tears For Fears, hier basierend auf der ruhigen Fassung von Gary Jules. Dargeboten von einem 135-köpfigen virtuellen Chor während Covid 19: „For decades we have known that the climate’s gonna change.
But people still ignore it, it’s a very, very …
Mad world … mad world“. Text siehe hier.

Daneben bietet die Website das Material zu einem kompletten, urheberechtlich freigestellten Klimawandelmusiktheater mit dem Projektnamen „2021ff“ sowie ausführliche Hinweise zu Musikprojekten/-konzepten in der Klima- und Umweltpädagogik.

Prominent eingebracht werden auf Musik-und-Klima.de – was ich sehr schön finde – auch die Themen ‚Feminismus und Klimakrise‘, ‚Diversität‘ und ‚Inklusion‘.

Darüber hinaus macht die Website deutlich, dass die globale, multiple Krise der Mitwelt eben auch eine ganze Reihe von Musikkulturen direkt und konkret bedroht. Man denke hier sowohl an Extremwettersituationen, Vertreibung, Geflüchtete, Failed States und an von Hochwasser bedrohte Küstenstädte sowie aufgegebene Dörfer beispielsweise der Inuit in der Arktis.

Schließlich widmet sich die Website der Frage, inwieweit Musik

  • Teil des Klimakrisen/Massenaussterben-Problems ist – z.B. durch herum reisende Musiker:innen und durch aus Tropenholz bestehende Instrumente – und inwieweit
  • auch Teil der Lösung sein kann – zugespitzt formuliert steht hier die Frage im Raum, ob man mit Musik ‚die Welt retten‘ kann.

Bernhard König kommt zu dem Schluss, dass selbstredend einzelne Songs bzw. Projekte nichts Substanzielles ändern werden, jedoch „[d]ie Klima- und Umweltkrise … ein globales und vielgestaltiges Phänomen [ist], dem nur mit globalen und vielgestaltigen Antworten begegnet werden kann. Alle gesellschaftlichen und kulturellen Ressourcen werden gebraucht.“

Dem möchte ich mich unbedingt anschließen. Danke, wertes Redaktionsteam von Musik-und-Klima.de für diese tolle, zukunftsfähige Arbeit!


Prominente beklatschen Greta Thunberg, die eine Goldene Kamera „Sonderpreis Klimaschutz“ erhält, März 2019

Greta Thunberg betritt den Saal. Alle sind aufgestanden, es gibt Standing Ovations. Den Preis „Sonderpreis Klimschutz“ bekommt sie von ihren Fridays-fot-Future-Mitstreiter*innen Luisa Neubauer, Jacob Blasel und Franziska Wessel überreicht.

Dann wendet Thunberg sich ans Publikum mit einer fünfminütigen Rede mit dem Kernsatz: „It’s a strange World“.

Die Kamera schwenkt dabei immer wieder ins Publikum, per Nahaufnahme in die Gesichter der „Celebrities, Film- and Popstars“. Quasi nach jeder Feststellung wird geklatscht – und Thunberg fordert das durch Kunstpausen auch ein. (Wie macht man soetwas im Alter von ca. 17 Jahren?)

Einige Musiker*innen sind an diesem Abend im Saal, sicher erkannt habe ich Conchita Wurst im extra designten und in diesem Sinne sicher CO2-intensiven Outfit, den Sänger von Pur Hartmut Engler mit einigen seiner Mitstreiter (weniger CO2-intensiv bekleidet)…, Lena Gercke, die Moderatorin von The Voice Of Germany…, nasse Augen vielerorts, auch und immer wieder gern gezeigt die feuchten Augen der Karoline Herrfurth…

Greta Thunberg kommt vom Allgemeinen zum Speziellen – beim Erwähnen des Schulschwänzens wird der Applaus mühsamer – und dann hebt sie an:

6 1/2 min – unbedingt ganz anschauen und aufs Publikum achten: GOLDENE KAMERA 2019: Greta Thunberg erhält den Sonderpreis in der Kategorie Klimaschutz
  • „Wir leben in einer merkwürdigen Welt, … in der eine Filmgala mehr Aufmerksamkeit bekommt, als die größte Krise vor der die Menschheit je stand; in der Prominente, Film- und Popstars, die sich gegen alle möglichen Ungerechtigkeiten auflehnen, sich nicht für Umwelt- und Klimagerechtigkeit engagieren, weil sie dann nicht mehr um die Welt fliegen könnten, um ihre Lieblingsrestaurants, Strände und Yogaseminare zu besuchen… Und jetzt kommt die Wahrheit: Wir [die Klimaaktivist*innen von Fridays for Future] schaffen das nicht ohne Sie hier heute im Publikum. Die Menschen Sie, sehen Euch, Prominente als Götter an. Ihr habt Einfluss auf Milliarden von Menschen – wir brauchen Euch. Ihr könnt Eure Stimme verwenden, um Bewusstsein zu schaffen für diese globale Krise. Ihr könnt dazu beitragen, dass aus Einzelpersonen ganze Bewegungen werden. Ihr könnt dabei helfen, unsere Verantwortlichen, unsere Machthaber wachzurütteln, sie wissen lassen, dass unser Haus in Flammen steht…“ (ab Min 4)

Mehr Ohrfeige geht nicht. Selten habe ich ein Publikum auf diese Weise seine eigene und dabei überdeutliche Ich-halte-Dir-erbarmungslos-den-Spiegel-vor-Beschimpfung beklatschen sehen.

(Außer vielleicht bei Hagen Rether, aber dort ist das Programm.)

Einen Kommentar habe ich herauskopiert von YouTube:

  • „Aber berührt zu werden ist nicht genug. Nichts ist gewonnen, wenn sie alle diesen Raum verlassen und das Geschäft wie gewöhnlich fortsetzen. Was wir brauchen, und was Greta fordert, ist *Handeln*. Ernste Gesichter, Tränen und Applaus retten das Klima nicht.“

Alles in allem eine gute Aktion, sicher – allein schon, weil diese Sendung von einem Millionenpublikum gesehen wurde.

Bleibt abschließend die Frage:

  • Was hat die Goldene Kamera mit der Klimakrise dergestalt zu tun, dass sie einen „Sonderpreis Klimaschutz“ vergibt? Machen die das fortan jedes Jahr? Ich mein, die Klimakrise ist ja noch nicht durch, gell?

Oops, beinahe vergessen: Liebe ZDFler*innen, wie konnte es passieren, dass ausgerechnet VW dieses Sendung gesponsert hat?

„Klimaschutz-Gala „Goldene Kamera“ – powered by VW“ | Die*der Zuschauer*in erfährt im späteren Verlauf der Sendung, dass die Empfängerin des Nachwuchpreises einen SUV namens „VW T-Cross“ erhält: Champagner! Hoch die Tassen bei VW: Greenwashing at its best – angesichts von 34.300 Dieselskandal-Toten allein im Jahr 2015, vgl. Handbuch Klimakrise Abschnitt Thema ‚Autoindustrie‘. [Zur Beantwortung obiger Frage wage ich die nicht allzu steile These, dass der Sponsor längst feststand, als einer/einem Redakteur*in auf die Idee kam die Sendung ein bisschen mit Greta Thunberg aufzupeppen. Wobei es natürlich gut ist, eine solche Plattform zu schaffen. Wiedersprüchlichkeiten überall.]

>> zum Thema „VW & „Greenwashing per Musik“ siehe auch Werbemusik mit Depeche Modes „The Soudn Of Silence“ in Abschnitt Greenwashing und Musik.


Herbert Grönemeyer im Interview mit Greenpeace Nachrichten, auf die Frage „Warum fällt [den Menschen] das Umdenken so schwer?“

  • „Ich glaube, den meisten Menschen fällt das Umdenken gar nicht schwer. Viel schwieriger zu verändern ist der Lobbyeinfluss auf Regierungen, die sich von den großen Industrien treiben lassen und überhaupt keine Lust hjaben, ihre CO2-Ausstöße zu veringern. Daran hängen ja ganze Wirtschaften. Deshalb muss die Gesellschaft die Politik weltweit auffordern, gefälligst endlich die Fakten ernst zu nehmen, die schon seit Jahrzehnten auf dem Tisch liegen“ (2019, 27, s.a. https://gpn.greenpeace.de/ausgabe/0419/rocken-fuers-klima/ (Abrufdatum 16.6.2021).

… und selbstredend war die „Eisbärin“ Paula nicht nur bei Lindenberg (s.o.), sondern auch mehrfach Grönemeyer Konzerten dabei (vgl. Frahm 2019).


Thomas D (Fanta 4) setzt sich für „Just diggit“ ein.

Thomas D setzt sich für „Just Diggit“ ein.
  • „Wenn wir die Erde aufheizen können, können wir sie auch wieder abkühlen: Justdiggit.de – Lasst uns die Erde abkühlen.“

    >> Text der ganzseitigen Anzeige mit Thomas D, stehend vor einem offensichtlich vergrößerten Blatt und mit grünem Spaten in der Hand, der sein weißgeschriebenes Autogramm trägt, so veröffentlicht im Fridays For FutureHerbst im Spiegel 42/2019)

Ja, Löcher graben bzw. Erde lockern, um Regenwasser einsickern lassen zu können, um so Samen zum Sprießen zu bringen und auf diese Weise positiv auf den Wasserkreislauf zu wirken ist – genau wie auch Bäume pflanzen – ersteinmal eine gute Sache. Und schön, dass Thomas D es angesichts der globalen Umweltkrise es nicht beim rappen belässt. Jede Aktion, die Bewusstsein schafft, ist in diesen für die Dimension und Dramatik nach wie vor unbewussten Zeit, ersteinmal gut.

Thomas D setzt sich für „Just Diggit“ ein. Hier noch einmal auf einer persönlicheren Ebene.

Gleichwohl springt uns m.E. aus dem eingängigen Satz „aufheizen/abkühlen“ uns auch eine gewisse – u.U. sogar gefährliche – Naivität entgegen: Das Versprechen „we can reverse climate change within 30 years“ mittels „Just diggit“ ist dann auch recht vollmundig. Diggit/Bäumepflanzen wird weder ausreichen noch in seiner Ausschließlichkeit hilfreich sein. Das problematische an solchen „einfachen Single-Lösungen“ ist, dass sie allzu schnell suggerieren, wir bräuchten unseren Lebensstil nicht auf den Prüfstand zu stellen. Doch genau das ist unser wesentlicher „Job on Earth“ im 21. Jahrhundert.

>> s.a. Thomas D „Gebet an Planet“ in Abschnitt Songs (Made in Germany).


Der Aufreger 2019: „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“, 372.000 Aufrufe

Im Sinne der Kunstfreiheit hier von mir groß layoutet:

Der WDR zieht ein Video zurück – obwohl es eindeutig Satire war. Erinnert übrigens ein wenig an die Diskussion, die Pink Floyd um 1979 über sich ergehen lassen mussten, als sie „We don’t need no Education“ (=“Another Brick In The Wall“ part 2) ausgerechnet von Schüler*innen einer britischen Schule singen ließen, die nach allgemeiner Wahrnehmung nicht für das allerbeste Bildungsniveau bekannt war. Man kann sich über alles aufregen, wenn man… sich die Zeit dazu nimmt.

Die öffentliche Empörung empört sich gerne – über Nebenschauplätze. Die Welt geht gerade unter – aber so ein Schmählied gegen die Alten, das geht ja gar nicht.

Haben wir wirklich nichts anderes zu tun, als uns über einen zweiminütigen satirschen Beitrag zweifelhaften Geschmacks aufzuregen?

  • „Der Wellenchef nahm das Video aus dem Netz. Der Ministerpräsident beschwerte sich. Der Intendant entschuldigte sich. Rechtsextreme demonstrierten vor dem Filmhaus in Köln. Am Ende gab es sogar Morddrohungen. Jetzt empören sich manche Kollegen: Der Sender sei vor den Rechten eingeknickt“ (Altland/Kirfel 2020).

Der Spiegel:

  • „Viele hatten sich beschwert: Kinder würden instrumentalisiert, Ältere beleidigt, mit Meinungsfreiheit oder Satire habe das nichts mehr zu tun. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schrieb auf Twitter nach: Das Lied habe die ‚Grenzen des Stils und des Respekts gegenüber Älteren überschritten‘. WDR-Intendant Tom Buhrow bezeichnete das Kinderchorlied in einer Sondersendung schließlich als ‚Fehler‘.“

Carla Reemtsma, Akivistin bei Fridays for Future hielt dazu im gleichen Artikel fest:

  • „Ich kann den Aufschrei nicht verstehen. Klar, es ist streitbar, ob es nun gute oder schlechte Satire ist und ob die Kritik im Lied an die richtige Adresse geht. Aber es gab in der Vergangenheit schon deutlich bissigere Satire, die längst nicht so eine Wut hervorgerufen hat.“

Gewissermaßen erinnert diese Diskussion an andere „Ersatzdiskussionen“ wie überzogene Aufgeregtheiten rund um Tempolimits, Schulstreiks, sog. Verzichtsdebatten und sonstige Nebelkerzen der letzten Jahre, die ich im Handbuch Klimakrise zusammenfassend betrachte.

Übrigens, statistisch gesehen lebt jeder erwachsene Mensch in Deutschland über die Verhältnisse anderer:

  • Über die Verhältnisse der Menschen im globalen Süden (vgl. Stephan Lessenich überaus lesenwertes Buch Neben uns die Sintflut, 2016), und
  • über die Verhältnisse seiner Kinder, seiner Enkelkinder, seiner Urenkelkinder etc. pp.

Eine Oma, die wie im Liedtext geschildert „1000 Liter Super jeden Monat“ für ein Motorrad verbraucht, einen SUV fährt und sich zudem jeden Tag ein (Kalbs?)Kottelet reinzieht, hat einen über den Durchschnitt deutscher Bürger*innen locker hinausweisenden CO2-Abdruck. Und eine Oma, die – wie so viele seit den 2000er Jahren – darüber hinaus regelmäßig auf Kreuzfahrt geht und dabei sogar immer wieder Zubringerflüge nutzt, treibt über das bisher geschriebene ihre CO2-Bilanz in Höhen, die niemand so recht kennen und sehen will, frei nach Wolfgang Borcherts: „Draußen vor der Tür“, das den Untertitel trägt: „Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will.“

Selbstredend nicht jede Oma…, aber die oft abwesende Oma, die von ihren Ekel*innen möglicherweise den kindertpyischen Beinamen „Oma Kreuzfahrt“ erhalten hat, ist objektiv betrachtet – auch wenn ich persönlich meine Worte anders wählen würde – eine „Umweltsau“.

Und auch schlechte Satire bleibt immer noch Satire. Eigentlich überflüssig es zu schreiben: Satire hat man auszuhalten. Und wenn sie jemanden provoziert, hat das einen Grund, dem man für sich persönlich nachgehen könnte. Also: Wenn das Lied nicht einen Nerv getroffen hätte, wäre das Video medial untergegangen – wie ein Stein im Ozean.

Und: Wenn die Satire einen Punkt trifft, ist sie möglicherweise wichtig?


Extinction Rebellion: „Singen fürs Überleben“

XR führt auf ihrer Website die Rubrik „Lieder und Spiele“ auf, unter der „wir Möglichkeiten, während Aktionen die Gemeinschaft zu erleben, Stress abzubauen und zusammen einen Raum zu halten“ sammeln. Diese Liederbücher, regelmäßig upgedated und sowohl fürs Smartphone als auch zum Selbstausdrucken aufbereitet, werden regelmäßig upgedated und sind in verschiedenen Sprachen veröffentlicht.

Die Texte sind i.d.R. über bekannte Melodien verfasst (und mit Gitarrenakkorden versehen), z.B:

  • „Probier’s mal mit ‘nem Klimastreik. / Sei ungehorsam, sei bereit. / Zeig deinen Mut und grüß die Polizei. / Denn die Ge’schichte hat gezeigt / mit Mut und auch Beharrlichkeit, / da brechen alte Machtstrukturen leicht.“

Die Liederbücher sind geordnet nach „Ruf und Antwort“ | „Kanon“| | „Latschen“ | „Fetzig und Tanz“ | „Für’s Straßenpublikum (falls vorher geübt)“ | „Lagerfeuertauglich“ | „Hymne“ (vgl. XR Liederbuch, 2020)

Sehr schön finde ich persönlich diesen Text, zumal das Original heute nicht mehr sangbar ist und auf diese Weise der an sich schöne Kanon weiterhin „im Kanon“ bleibt:

  • „Drei Rebellen für den Klimaschutz / saßen auf der Straße und blockierten etwas. / Da kam die Polizei, ja, was ist denn das? / Drei Rebellen für den Klimaschutz.“
Bella ciao gesungen am 7.10.19 während der#ExtinctionRebellion #RebellionWave #Berlin 7-11-10.19

Natürlich darf der Protestlied-Klassiker „Bella Ciao“ nicht fehlen, der in den letzten Jahren in verschiedensten Zusammenhängen neue Poluarität erlangt hat, hier nun als „Rebella Ciao“:

„Komm sag die Wahrheit, sprich Klima-Klarheit. / Komm mit und trau dich, engagier dich und steh auf, auf, auf! / Wir fordern Zukunft, für uns’re Kinder. Jetzt steh’n wir zusammen auf.

>> https://extinctionrebellion.de/mitmachen/ressourcen/lieder-und-spiele/ (Abrufdatum 16.6.2021)

>> Es gibt sogar eine eigene Website für XR-Songrepertoire – inkl. „XRmas Songs“: http://xrsongs.org/ (Abrufdatum 16.6.2021)

Hier noch eine Fridays For Future Variante des „Bella Ciao For Climate“:

„Bella ciao for climate“ von Fridays For Future, 2019

>> s.a. Fridays For Future in Rubrik „Songs (Made in Austria): Simon Pories „Fürstenfeld –  Für wos seids ihr gwöd?“, 2021 sowie diverse Klima-Neutextierungen von Fridays For Future Österreich.


„Der Dalai Lama hat ne CO2-Bilanz wie ein Kohlekraftwerk.“

Hagen Rether: Kabarett mit Klavier – oder: Die Wahrheit, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Aus „Liebe“.

Hagen Rether – Tierschutz und Klima

„Erwachsene Mitteleuropäer saufen Kuhmilch wie Wasser. Haben Sie schon mal so ein entzündetes Euter gesehen von so einer Hochleitungskuh – da würden wir uns aber vier von unseren sechs verschissenen Latte Macchiato am Tag sparen.“ (Hagen Rether 2010)

Hagen Rether tritt gewöhnlich mit einem Flügel auf, auf dem er oftmals nur in den letzten Minuten seines vielstündigen Programmes spielt – dann weiß man als Zuschauer*in, dass der Abend zu Ende geht. Ursprünglich war er vorrangig Pianist – der Flügel ist geblieben, doch der Wortanteil dominiert. Und wenn er Klavier spielt – knallt er seinem Publikum weiter wieder nebenbei und unaufgeregt die Wahrheiten um die Ohren.

Hagen Rether 2018:

Rether, Hagen (2018): „3sat Festival – Hagen Rether Liebe Update 2018 – Wir wundern uns / Ausschnitt 03.10.2018“ in: Youtube.de, online unter https://www.youtube.com/watch?v=7GcYDBaIQn8 (Abrufdatum 9.6.2020)
  • „Fleischesser dürfen eh alles… Ist der Ruf erst ruiniert… Wir grillen auch. Wir dürfen auch für 9 Euro nach Lissabon fliegen am Wochenende. Ja, wir grillen ja auch. Ph, wir haben auch ‘nen SUV, wir haben nie was anderes behauptet, wir grillen auch… Aber der Veganer, der hat gefälligst auf den Brustwarzen zum Bioladen zu robben… ja, aber unbedingt. Was ist das denn für eine preußische pickelhaubige…? Ich versteh das nicht.“

Radiohead: Medienwirksame Spende Extinction Rebellion, 2019

Den Track „Idioteque“ stellt Radiohead für die Kreation dieses kurzen Selbstvorstellungs-Extinction Rebellion-Videos zur Verfügung, 2019.

Im Juni 2019 wurde Radiohead beklaut und erpresst. 18 Stunden Musik aus dem Minidisk-Archiv des Radiohead-Sängers Thom Yorke waren geklaut worden – mit Aufnahmen aus der Zeit des Durchbruch-Albums „OK Computer“. Preisvorstellung des/r Erpresser*in: 150.000 Dollar.

Die Gruppe fand eine kreativ-elegante Lösung: Radiohead veröffentlichten die 18 Stunden Aufnahmen einfach selbst –  für 18 Tage für 18 Pfund auf Bandcamp.

  • “The proceeds will go to Extinction Rebellion.“

Der Musiker „Greenwood spielte derweil Qualität und Relevanz der Aufnahmen herunter. Sie seien nie zur Veröffentlichung bestimmt gewesen, auch wenn manche Clips es auf die Wiederveröffentlichung von ‚OK Computer‘ geschafft hätten. ‚Es ist nur ansatzweise interessant‘, so Greenwood weiter augenzwinkernd. ‚Und sehr, sehr lang. Nicht etwas, das man sich aufs Handy lädt. Aber gerade regnet es, oder?'“ (Spiegel 2019a).

Auf erpresserische oder illegale Veröffentlichung von Musikalben oder sonstigen Medieninhalten wird indes heutzutage durchaus öfter mit Selbstveröffentlichung reagiert. So hat bspw. Björk aus genau diesem Grund ihr geleaktes 2015er Album Vulnicura zwei Monate früher als geplant veröffentlicht… (vgl. FAZ 2015). Interessant für dieses Webprojekt Musik und Klimakrise ist in erster Linie die Spendenadressatin: XE.

Und mit diesem Spendenthema können wir gleich fortfahren:


David Gilmour spendet 19 Mio Euro an Client Earth, 2019.

Gilmour über seine Sammlung und sein Ansinnen, diese zugunsten der „larger global Issues“ zu versteigern.

Pink Floyd-Frontmann David Gilmour versteigerte 2019 126 Gitarren für insgesamt 19 Mio EUR – Rekord.

  • „Den Erlös will Gilmour der Klimaschutzorganisation ClientEarth spenden. ‚Der Klimawandel ist die größte Herausforderung, die die Menschheit je konfrontieren wird‘, sagte der Musiker laut Mitteilung. ‚Wir brauchen eine zivilisierte Welt für all unsere Enkelkinder und darüber hinaus, in der diese Gitarren gespielt und Lieder gesungen werden können‘“ (Spiegel 2019b).

Konstantin Wecker watscht per offenem Brief den „Profi“ Lindner ab, 2018

„Christian Lindner,

Sie sind also der Meinung, man sollte den Klimaschutz den Profis überlassen und Schüler sollten freitags zur Schule gehen.

Sind Sie jetzt unter die Kabarettisten gegangen? Oder war das noch einem Hangover vom Karneval geschuldet?

Es waren doch genau die Profis, die unsere Erde in diesen katastrophalen Zustand versetzt haben. Eine kriminelle Vereinigung von unbelehrbaren oder korrupten Politikern, bestechlichen Wissenschaftlern, geldgeilen Lobbyisten – aber: Profis allesamt.

Nein Herr Lindner, viele Jugendliche haben zu Recht die Schnauze voll von all diesen Profis. Was wir jetzt brauchen, sind idealistische Amateure, Schulschwänzer, Träumer, die uns alten Säcken immer wieder vor Augen führen, dass wir ihre Zukunft schon fast zerstört haben.

Ich kann mir gut vorstellen, was für eine Panik gewisse Kreise davor haben, dass da ein neues und modernes ‘68 wieder aufleben könnte.

Ich fände es großartig.

‚Unter den Talaren, der Muff von tausend Jahren‘ – ‚Keine Macht für niemand!‘ – zeig’s ihnen, Greta!

Die Welt muss weiblich werden!“

>> in diversen Medien abgedruckt, hier konkret basierend auf: https://www.lebenshaus-alb.de/magazin/012128.html (Abrufdatum 16.6.2021)

>> s.a. Konstantin Wecker in Rubrik „Songs“ betreffend „Es gibt nichts Gutes“.


Al Gore „24 Hours of Climate Reality“, z.B. mit Jean-Michel Jarre, 2017: „Only awareness can lead to action“ (Jarre).

Jean-Michel Jarre auf FB über dieses Sendeformat:

„A week ago, on December 5th 2017 I took part of the global live broadcast of #24HoursofReality alongside Al Gore for Climate Reality. The “event“ is done and was a success, but the hardest part is now :
Must we change ? Can we change ? Will we change ? The answer is YES and we need to take action NOW !

You can ask yourself those questions everyday and do your best to act for the planet in your everyday life.
In addition to what we can do in our local communities, you can support https://www.climaterealityproject.org/

Many thanks
JMxx

>> s. https://www.facebook.com/jeanmicheljarre/videos/10155974683289096/ (12.12.2017, Konzert in Israel am Toten Meer, welches Jarre als ökologisches Anliegen verstanden wissen will – und dann, ganz am Ende des langen Clips Interview mit einem Moderator, der Al Gore zeitweise bei dieser langen Sendung ersetzt.

2017 traten mit Musikbeiträgen auf bzw. kamen in dieser jährlich weltweit von verschiedendsten TV-Sendern gesendeten und Internetwebsites gestreamten Sendung weiterhin zu Wort: Sheryl Crow, One Republic, Annie Lennox, Ellie Goulding, Iggy Pop, The Killers, Midnight Oil, Rag’n’Bone Man, Mariah Carey…


Blythe Pepino, britische Sängerin: Birth Strike & Climate Crisis, 2019

Not having children for the climate | VPRO Documentary, 2020
  • „Die Unterstützerinnen und Unterstützer des britischen Birth Strike wollen jetzt so lange keine Kinder bekommen, bis mehr für den Umweltschutz getan wird. Initiiert hat die Bewegung die britische Sängerin Blythe Pepino, 33 Jahre alt. Sie sagt: ‚Wir treffen diese Entscheidung nicht, weil wir unsere Emissionen reduzieren wollen oder weil uns Überbevölkerung Sorgen macht. Wir machen uns Sorgen darüber, ob Kinder, die wir in die Welt setzen, ein gutes Leben haben können’“ (Schirmer 2019).

Madonna: „Wake Up“ beim Eurovision Song Contest, 2019

Madonna: „Wake Up“ beim Eurovision Song Contest, 2019

„It’s the future where you gotta pay the cose (the future)
It’s the future where you come frome,bein‘ lost (the future)“

Manchmal ist es interessanter worüber die Presse nicht schreibt als worüber sie schreibt. Über die Gage und die Größe der Entourage Madonnas bim ESC in Israel 2019 wurde zwar kurz, in einem Satz sich „kopfschüttelnd“ geäußert – aber das war es auch schon. Wo eine Gesellschaft steht zeigt sich, wenn sie bestimmte Dinge nicht in Zweifel zieht:

  • In Zeiten der Klimakrise Anno 2019 kritiklos mit 135 Leuten durch die Gegend ziehen zu können, wo es 15 auch locker getan hätten – oder sie hätte es auch machen können wie Chuck Berry, der viele Jahrzehnte lang nur mit seiner Gitarre zwanzig Minuten vor dem Auftritt Backstage auftauchte und dann ungeprobt mit ihm unbekannten Musiker*innen auf die Bühne stieg…

So bleibt mir hier nur festzustellen:

Wake up, Madonna:

  • 135 Personen Entourage +
  • LissabonàTel Aviv (Hin-Rück) Linienflug Economy = 281 t CO2 +
  • Transport von 35 Tonnen Equipment

Madonna wohnt (2019) in Lissabon – nehmen wir an, alle „rund 135“ (tagesspiegel) Personen würden aus Lissabon abfliegen und zurückfliegen, mitz einem Linienflug Economy Class = 281 t CO2. Jeder Mensch hat ein (bereits äußerst großzügig gerechnetes Klimabudget von 2,3 Tonnen CO2 pro Jahr, die Bürger*innen Deutschlands verbrauchen 11,6 Tonnen CO2.

Naja, und wenn dann auch noch hinzukommt, dass Madonna bei ihrem Auftritt monströs die Umweltzerstörung und die Klimakrise anspeicht und uns auffordert, aufzuwachen… geht gar nicht.

Aber es geht auch gar nicht, dass dieser an sich so simple Gedanke offendsichtlich so progressiv ist, dass er in keiner mir bekannten Zeitung erwähnt wurde.

>> weitere Anmerkungen zum Themenkreis ‚ESC und Klima/Massenausterben‘ siehe Abschnitt Songs (ESC/Grand Prix).


Rythm, Rhyme, Results (feat. Tommy Boots & Jené): „Take AIM At Climate Change“, 2009, Director: polar-palooza.com, ca. 100.000 Aufrufe

Rythm, Rhyme, Results (feat. Tommy Boots & Jené): „Take AIM At Climate Change“, 2009, s.a. https://www.youtube.com/user/ppza/videos (abrufdatum 18.6.2021)

„An upbeat invitation to ‚Take AIM at Climate Change‘ – with ‚AIM‘ standing for Adapt, Innovate, Mitigate. The lyrics are based on the latest science of Earth’s changing climate, with the music a mix of rap and pop.“ (Unterschrift unter dem Video bei YouTube).

Polar Palooza war um das Jahr 2007 der Name eines Projekts der NASA, das zum Ziel hatte, den Klimawandel auf eine persönlichere Art den Menschen näherzubringen:

  • „In Polar-Palooza, scientists and Arctic residents tell personal stories of life and research in polar regions, supported by dramatic video footage and Internet resources.“

Neben zahlreichen Videos inkl. den Ausführungen des „Alaskan Native“ namens Perry Pungowiyie entstand eben auch dieses „Klima-Rap“-Video, bei dem die YouTube-Kommentare meist von Usern aus den USA und Deutschland stammen, die das Video einst in ihrer Schulzeit (u.a. im Englisch-Unterricht) angesehen haben.

DorFuchs: „p-q-Formel (Die Lösungsformel) (Mathe-Song)“, 2013, 2,7 Mio Aufrufe, siehe auch Binomische Formeln (Mathe-Song), 4 Mio Aufrufe

Apropos Schule: Es erinnert an die guten alten Mathe-Songs von DorFuchs, bei denen sich jede*r Mathelehrer*in so cool fühlte, wenn sie diese mit in den Unterricht brachte…


Dirk Campell, Musician, Member of Extinction Rebellion, part of the Earth Tax Strike, Juni 2021

Dirk Campell, Musician, Member of Extinction Rebellion, part of the Earth Tax Strike, Juni 2021

Analog zu Joan Baez‘ Weigerung in den 1960er Jahren, in den USA Steuern zu zahlen, weil sie damit indirekt den Vietnam-Krieg mitfinanziert hätte – sie zahlte das Geld auf ein Sperrkonto ein und riskierte mit der Aktion Gefängnis – initiiert nun Extinction Rebellion einen „Earth Tax Strike“, der z.B. in England das öffentliche Bewusstsein dafür schärfen soll, dass der Staat weiterhin zukunftsverweigernd auf fossile Energie, klimaschädigende Subventionen und auf ein „massiv road building programm“ setzt. Teilnehmende des Earth Tax Strike weigern sich Einkommenssteuern zu zahlen „until the government acts now to stop using our taxes to destroy life“. Im nebenstehenden Video kommt der an dieser Kampagne teilnehmende Weltmusiker Dirk Campbell prominent zu Wort.


Conservation International: Nature Is Speaking, 2014 u. 2015

2 min – Julia Roberts is Mother Nature, 2014

Nicht unmittelbar Musik, aber eben eine bewusst akustische Ausrichtung (zzgl. Filmmusik) hat dieses Projekt der Naturschutzorganisation Conservation International (CI): Julia Roberts, Harrison Ford, Robert Redford und einige mehr geben der Natur ihre Stimme. Sie verkörpern jeweils die „Elemente der Natur“. So verkörpert z.B. Julia Roberts „Mother Natur“.

‚I’ve been here for over 4.5 billion [=Milliarden] years.
22.500 times longer than you.
I don’t really need people.
But people need me.
Yes, your future depends on me…
I have fed species greater than you.
And I have starved [ausgehundert] species greater than you.
My oceans. My soil… My forests…‘

Und Liam Neeson (u.a. „Schindler’s Liste“) gibt dem „ewigen“ Eis seine Stimme:

1 min – Nature Is Speaking – Liam Neeson is Ice | Conservation International (CI)

UN Framework Convention on Climate Change (UNFCCC): Iceberg Songs, 2015 – anlässlich der Pariser Klimakonferenz

Samples für „Iceberg-Songs“: Recorded and thankfully provided by PALAOA/Alfred-Wegener-Institut
  • „Da oben im Norden singt jemand ein trauriges Lied – aber niemand hört zu.“ (Nagel 2016)

Musiker:innen produzieren auf Basis von Geräuschen der schmelzenden Arktis-Welt Songs und bündeln diese auf der (2022 nicht mehr online befindlichen) Website icebergsongs.com. So lautete das Konzept dieses Projektes, dass augenscheinlich nicht gerade viral gegangen ist, hier aber gerne dokumentiert wird.

  • „Die Aufnahmen stammen von Forschern des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung. Die Geräusche dienen als Basis für Lied-Interpretationen international bekannter Musiker wie Trentemøller. Auf diese Weise verschaffen sie den schmelzenden Eisbergen buchstäblich Gehör.“ (Jakob 2016)

Jede:r Musiker:in konnte und kann sich bei Soundcloud die Sound-Ausschnitte downloaden und dann in ihre:seine Songs einbauen – wie es z.B. auch Robot Koch and Savannah Jo Lack gemacht haben:

3 min – Soundcloud/Icebergsongs: Robot Koch and Savannah Jo Lack: „Siku“

Quellen des Abschnitts „Statements und Aktionen“